Wer sich für moderne Kunst interessiert, hat in diesem Sommer die Qual der Wahl. In Kassel ist die Dokumenta, in Venedig sind die Filmfestspiele, in Münster gibt es die Skulpturen Projekte. Da Münster meine Heimatstadt ist, war für mich die Entscheidung einfach. Abgesehen davon, dass ich gerade kein Geld habe, um nach Venedig zu fahren. Alle zehn Jahre treffen sich in Münster internationale Künstler_innen und verändern den öffentlichen Raum und das ist wirklich toll.
Man kommt gar nicht Drumherum – an jeder Ecke gibt es etwas zu sehen. Über dreißig Exponate, Plastiken, Installationen und Performances laden die Besucher_innen dazu ein, sich Zeit für moderne Kunst zu nehmen. Und das betrifft nicht nur die aktuelle Ausstellung. Viele Künstler_innen haben ihre Werke gleich an dem Ort der Ausstellung gelassen. Mein ewiger Favorit sind die pop-art – Kirschen von Thomas Schütte von den Skulptur Projekten 1987. Weil ich es mag, dass gigantische Kirschen in der Stadt auf einer Säule stehen. Super Ding!
Im LWL-Museum für Kunst und Kultur gibt es unter anderem auch das schöne Kunstwerk Untitled (Books) von Rachel Whiteread, die auf einem Balkon im Museum eine in Gips gegossene Bücherwand für die Skulptur Projekte 1997 installierte. Sieben Regelbretter umrahmen eine Tür, die verschlossen bleibt. Interessant an dem Kunstwerk ist aber nicht nur die verschlossene Tür (behaupten wir Buchblogger*innen nicht immer, dass Bücher dazu in der Lage sind, verschlossene Türen zu öffnen?). In der Regalwand befinden sich keine tatsächlichen Bücher, die wurden nämlich innerhalb des künstlerischen Prozesses kaputt gemacht, sondern es sind nur noch die Abdrücke von ehemals existierenden Büchern zu sehen. Sie haben Spuren hinterlassen, aber niemand kann mehr wissen, welche Bücher eigentlich in diesem Regal gestanden haben, welche Bücher vielleicht als wichtig und lesenswert erachtet wurden (von wem auch immer? wem gehört das Regal?), welche Bücher es nicht mehr gibt. Whiteread spielt also nicht nur mit der Vergänglichkeit des Mediums Buch, sondern auch mit der Vergänglichkeit von Archiven und modernen Wissensspeichern. Das hat mir gut gefallen. *
Die Skulptur Projekte 2017 sind noch bis zum 01. Oktober zu sehen, der Eintritt ist frei. Manche Performances gibt es nur einmal am Tag, bei anderen Ausstellungen muss man etwas Zeit mitnehmen und mit einer Warteschlange rechnen. Bis zum Oktober möchte ich gerne noch ein paar Skulpturen gesehen haben. Bis dahin stelle ich euch einfach hier vor, was mir besonders gut gefallen hat.
*Und demnächst kommt auch noch ein Bild, meine Speicherkarte wehrt sich gerade…