Anders als das verspiele Cover vermuten lässt, verbirgt sich hinter dem Roman Auf der Suche nach dem Kolibri keine sentimentale Herzschmerzgeschichte. Stattdessen erzählt Dellaira eine romantische Geschichte, deren tragische und erschreckend aktuelle Hintergründe sich erst nach und nach und angenehm unverkitscht entfalten.

Die Geschichte wird von zwei Hauptprotagonist_innen getragen und abwechselnd aus Marylins und Angies Perspektive erzählt. Marylin ist eine alleinerziehende Mutter, die sich sehr darum bemüht, ihre 17-jährige Tochter Angie zu unterstützen und immer für sie da zu sein. Marylin selbst hatte keine glückliche Kindheit, sondern sollte als Kindermodel das Einkommen ihrer Mutter garantieren und am besten eine Karriere als Schauspielerin hinlegen. Eigene Hobbies, Freunde oder die Schule mussten hinter den hochtrabenden Plänen der Mutter zurückstecken. Als Marylin ihre große Liebe James kennen lernt, kann sie sich von ihrer Mutter befreien. Sie will Fotografin werden und selbst hinter der Kamera stehen. Doch dann stirbt James bei einem Autounfall und Marylin ist alleine. Angie fragt selten nach James, sie will Marylin nicht traurig machen, doch sie spürt, dass ihre Mutter ihr wichtige Details über den Tod ihres Vaters verschwiegen hat.
Durch einen Zufall erfährt Angie, dass der kleine Bruder ihres Vaters noch lebt. Ihr Onkel Justin ist gar nicht, wie von Marylin behauptet, auch bei dem schweren Verkehrsunfall ihres Vaters verstorben. Angie fackelt nicht lange. Zusammen mit ihrem Exfreund Sam (der jetzt nur noch ein Freund ist, aber wer weiß?) reist Angie nach Los Angeles und begibt sich auf die Suche nach ihrem Onkel, natürlich mit der leisen Hoffnung im Hinterkopf, dass ihre Mutter nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. Lebte ihr Vater vielleicht die ganze Zeit in L.A.?
Auf der Suche nach dem Kolibri ist eine melancholische Coming-of-Age-Geschichte, die sehr viel mehr ist, als es zunächst den Anschein hat und die mich sehr überraschen konnte. Das Geheimnis um James‘ Tod und die Fragen, die Angie an ihre Familie hat, lassen Mutter und Tochter wieder zueinanderfinden. Die Geschichte hat mich sehr berührt und mitten ins Herz getroffen. Dellaira greift wichtige Themen auf. Neben der Suche nach dem eigenen Ich und der eigenen Rolle im Leben, geht es auch um Rassismus und die Folgen von rassistischen Ideologien. Marylin ist Weiß, James ist Schwarz, Angie ist ihr gemeinsames Kind.
Ich bedanke mich bei Lovelybooks und dem Verlag für das Rezensionsexemplar!
/Werbung/ Ava Dellaira: Auf der Suche nach dem Kolibri. Übersetzt von Jessica Komina und Sandra Knuffinke. Magellan 2019.
Über die Autorin
Ava Dellaira hat schon als Kind mit dem Schreiben angefangen. Sie ist Absolventin des Iowa Writer’s Workshop und war Koproduzentin der Filmadaption von Stephen Chboskys Bestseller Vielleicht lieber morgen. Neben Drehbüchern schreibt sie auch Romane, ihr Debüt Loveletters to the Dead liegt noch auf meinem SuB und war ein internationaler Erfolg. Ava Dellaira stammt aus Albuquerque, New Mexico und lebt heute in Los Angeles.
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