Vor wenigen Tagen ist die Leipziger Buchmesse 2019 zu Ende gegangen. Vom 21. März bis zum 24. März fand das jährliche Literaturevent statt. Da ich seit dem 01. Februar Referendarin bin, konnte ich dieses Mal auch als Fachbesucher_in an der Messe teilnehmen. Das bedeutete allerdings auch, dass ich nur am Samstag auf der Messe war, denn Donnerstag und Freitag musste ich noch arbeiten. Freitagnachmittag setzten wir uns in den Zug nach Leipzig und hatten eine gemütliche Anreise. Unterwegs habe ich angefangen den Roman Wir, die wir jung sind zu lesen und bin bisher sehr begeistert.
Samstag ging es los. Ich hatte mir zwar einige Termine notiert, wollte aber vor allen Dingen einfach mal entspannt über die Messe spazieren. Bela B. habe ich leider nicht getroffen, aber immerhin stand ich neben seinem Bild. Das ist ja auch schon mal etwas.

Mein erstes Highlight war die Übertragung von Druckfrisch. Dennis Scheck, der immer recht unterhaltsam Bücher Rampen runterschubst, konnte mich auch live überzeugen. Seine Kritik war immer auf den Punkt und sehr kurzweilig. Das Publikum war recht gemischt, aber eben auch sehr weißhaarig. Vielleicht liegt das am Format. Neben den typischen Größen wie Philipp Roth und David Foster Wallace gehörte zu Schecks „Best of“ auch Theodor Fontane und Roberto Bolaño, „Der Geist der Science-Fiction“ von letzterem klang interessant. So richtig ausgewogen war die Liste allerdings nicht. Unter den 36 Literaturtipps waren gerade einmal 12 Frauen*. Das fiel mir schon während der Veranstaltung auf. Wer sich noch Anregungen zu aktueller Literatur von Autor*innen holen möchte, findet auf Nicoles Blog eine ganze Reihe spannender Empfehlungen.

Schaut ihr Druckfrisch oder das Literarische Quartett oder sind solche Sendungen für euch uninteressant?
Auch für Lehrer*innen bietet die Buchmesse einiges. Im Vorbeigehen entschied ich mich für ein spontanes Abo der Zeitschrift Der Deutschunterricht aus dem Friedrich-Verlag, weil es nicht nur Sonderkonditionen für Referendar*innen gab, sondern auch noch einen deutlichen Messerabatt. Juchhu!
An die Lehrer*innen unter euch, sofern es welche gibt, kennt ihr die Zeitschrift?

Mittlerweile gehört es schon fast zu meiner Buchmessetradition, dass ich am Leser*innentreffen von Lovelybooks teilnehme. Es ist immer eine schöne Möglichkeit, nach der ganzen Rennerei durch die verschiedenen Hallen, eine kleine Pause einzulegen. Dieses Jahr waren vier Fantasyautor*innen zum Communitytreffen eingeladen: Laura Kneidl (Krone der Dunkelheit u.a.), Liza Grimm (Helden von Midgard), Lukas Hainer (Das dunkle Herz) und Kai Meyer (Arkadien, Die Seiten der Welt, Die Krone der Sterne, Die sieben Siegel und noch viel mehr). Die Podiumsdiskussion war gut gemacht. Meyer verglich die fantastische Literatur mit Malerei und stellte fest, dass es in der fantastischen Literatur deutlich „mehr Farben“ geben würde. Ich bin nicht sicher, ob das stimmt. Denn gerade Fantasyliteratur ist nicht für ihren avantgardistischen Aufbau und ihre poetische Darstellung bekannt. Einzige Ausnahme in der deutschsprachigen Fantasy ist da sicherlich Walter Moers, der auch zu meinen Lieblingsschriftsteller*innen zählt. Fans warten schon seit Jahren auf die mythenmetzsche Fortsetzung Das Schloss der träumenden Bücher. Dieses Buch wäre auch mit Abstand auf den meisten Wunschlisten der Lovelybooksleser*innen zu finden, wie Marina von Lovelybooks hervorhob. Ich lese übrigens gerade Der Bücherdrache (erschienen im März 2019) von Walter Moers und hoffe, dass ich bald eine Rezension schreiben kann.

Kai Meyer erwähnte auch das Motiv der Heldenreise, das sich nicht nur in der fantastischen Literatur findet, aber hier eben besonders ausgeprägt sei. Gerade durch Klassiker der Fantasy wie Herr der Ringe seien Kartendarstellungen genrespezifisch geworden und dadurch letztlich auch Teil der Jugend- und Subkultur. In den 1980ern hätte die Karte aus Herr der Ringe in jedem Zimmer gehangen, stellte Meyer fest, auch bei Leuten, die das Buch gar nicht gelesen haben. ;) Auf die Frage nach Verfilmungen der eigenen Romane, reagierten die Autor*innen zurückhaltend. Lukas Hainer erinnerte an die nicht sehr gelungene Verfilmung von Tintenherz, mit der Cornelia Funke wohl auch nicht zufrieden gewesen sei. Kai Meyer, der ja auch schon eine ganze Weile dabei ist, ließ sich dazu hinreißen, anzumerken, dass eine Verfilmung auch nicht die „Königsklasse“ der literarischen Adaptionen sei. Im schlimmsten Fall ginge es Schriftsteller*innen so wie George R.R. Martin mit Game of Thrones. Hätte Martin nicht die Verpflichtung an der Serie mitzuwirken, wären seine Romane schon längst fertig. Zudem würde es auch keinen Spaß machen, den Text zu einem bereits fertigen Film zu schreiben. Gerade die Fantasyliteratur zeichnet sich aber dadurch aus, dass es häufig ganze Reihen gibt (man denke nur an Harry Potter), aber auch hier würde die Stimmung in den Verlagen eher kippen. Neben „Hardcore“leser*innen gäbe es für Gelegenheitsleser*innen heutzutage einfach zu viele andere Möglichkeiten der Unterhaltung und dadurch weniger Interesse an langen Reihen und für Autor*innen sei es auch sehr „wohltuend“ (Lukas Hainer) eine Reihe einfach abzuschließen.
Im Anschluss an die Diskussion gab es noch Buchgeschenke von Lovelybooks. Während in den letzten Jahren häufig Leser*innen einfach nur reinschneiten, um kostenlos Bücher abzugreifen und wieder verschwanden, musste man sich dieses Mal bis zum Ende der Veranstaltung gedulden. Richtig so! Leider gab es wenig Möglichkeiten mit den anderen Communitymitgliedern ins Gespräch zu kommen, das war etwas schade. Und auch die Buchauswahl war nicht meins. Ich freue mich über Geschenke, aber ich erwarte sie nicht. Und drei Romane zu bekommen, die nur zu einem Drittel meinen Lesegeschmack treffen, ist dann doch nicht optimal. Zum Glück habe ich Heike von Irve liest getroffen, die mit mir ein Buch getauscht hat und ein anderes Buch habe ich einfach verschenkt und damit hoffentlich jemandem eine Freude gemacht.

Auf der Messe halte mich gerne bei den antiquarischen Büchern auf, aber in diesem Jahr war kein passendes Buch für mich dabei (es war ja auch schon Samstag). Dafür habe ich beim Verbrecher Verlag direkt den Roman Schäfchen im Trockenen von Antje Stelling mitgenommen. Die Schriftstellerin wurde in diesem Jahr mit dem Leipziger Buchpreis ausgezeichnet. Ich freue mich schon sehr auf den Roman. Außerdem habe ich von Reprodukt direkt die Graphic Novel Pirouetten von Tillie Walden mitgenommen, auf die ich schon längere Zeit ein Auge geworfen habe. Apropos antiquarische Bücher: die Messe scheint gelernt zu haben. Der Compact-Stand war dieses Jahr mit deutlich reduzierter Fläche in der Nähe der Antiquariate vertreten und anders als im letzten Jahr marodierten am Samstag keine deutlich erkennbaren Nazis über die Messe. Man kann ja, wenn man will.

Neben Druckfrisch und dem Lovelybooksleser*innentreffen hatte ich noch einen weiteren Programmpunkt auf dem Zettel. Die us-amerikanische Schriftstellerin Fatima Farheen Mirza war auf der Messer und hat aus ihrem Debütroman „Worauf wir hoffen“ gelesen. Ich kam direkt pünktlich zu Beginn der Veranstaltung und durfte auf dem Boden sitzen. Ganz vorne. Fatima Farheen Mirza, geboren 1991, studierte eigentlich Medizin. Das Creative Writing – Studium in Iowa war ein Ausgleich zu ihrem Erststudium, im Moment lebt sie in New York.

In ihrem Debüt erzählt sie eine Familien- und Coming-of-Age-Geschichte. Amar ist der einzige Sohn und ganzer Stolz seiner Familie, aber er rebelliert gegen seine muslimischen Eltern. Nach einem Streit läuft er von Zuhause weg. Seine Schwester Hadia nimmt nach und nach seinen Platz an. Am Tag ihrer Hochzeit, drei Jahre später, kehrt Amar unerwartet zurück. Inspiriert wurde Mirza durch ein Bild, dass ihr eines Tages während eines Schreibworkshops in den Sinn kam. Eine Familienfeier findet statt, alle warten auf den Sohn – warum kommt er nicht? Warum will er vielleicht nicht kommen? Was hat dazu geführt, dass niemand etwas über ihn weiß? Es geht um versteckte und offene Beziehungsdynamiken in Familien. Außerdem hob die Schriftstellerin hervor, dass es im Leben häufig kleine und unbewusste Momente gibt, die letztlich große Auswirkungen auf die Gestaltung des eigenen Lebens haben. Ich war von Mirza und dem Roman so begeistert, dass ich im Anschluss direkt in die Messebuchhandlung gestürmt bin, um Worauf wir hoffen einzukaufen und es mir signieren zu lassen. Als ich zurückkam, war sie aber schon verschwunden. Zum Glück habe ich sie noch am dtv-Stand getroffen und sie vorsichtig gefragt, ob sie vielleicht noch das Buch signieren möchte. Sie hat sich gefreut und ich mich natürlich auch. ;)

Wart ihr dieses Jahr auf der Buchmesse? Was waren eure Highlights?