Wer ist B. Traven?

In Torsten Seiferts Debüt geht es um eine literarische Spurensuche, viele Abenteuer und ein großes Geheimnis.

Wer ist B. Traven

1947. Der junge Reporter Leon bekommt von seinem Chef eine heikle und ziemlich wichtige Aufgabe. Er soll herausfinden, wer der geheimnisvolle Schriftsteller B. Traven ist, ein Mann, um dessen Identität sich seit Jahren viele Mythen und Spekulationen ranken. Das Magazin Life hat schon ein Preisgeld für den Journalisten ausgeschrieben, dem es gelingt, Travens Identität zu enthüllen. Leons Chef will schneller sein als das Konkurrenzblatt und dafür gibt es einen einfachen Grund. In Mexiko wird gerade ein Roman von Traven verfilmt, der Klassiker Der Schatz der Sierra Madre mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle. Bevor der Streifen in die Kinos kommt, soll Leon liefern.

Auch wenn ich nicht verstehe, warum die Leute solch ein Gedöns um einen Schriftsteller machen. Sie wollen wissen, wann er aufsteht, wann er frühstückt, ob er trinkt, Golf spielt oder lieber Poker. Es ist ungerecht, dass ein Künstler mehr Beachtung findet als jeder andere, der seine Arbeit tut. (258)

Der Journalist fährt sofort nach Mexiko, denn auch Travens Assistent soll sich am Set befinden. Hinter vorgehaltener Hand wird sogar gemunkelt, der Assistent sei selbst der mysteriöse  Schriftsteller.  Aber statt sich in die Recherche zu stürzen, spielt Leon lieber mit Bogy Schach und macht Bekanntschaft mit einer schönen Frau, die sein Leben auf den Kopf stellt. Als er wieder nach L.A. zurückkehrt, lässt ihn die Suche nach Traven aber einfach nicht los. Leon macht sich wieder auf den Weg, dieses Mal nach Wien.

Torsten Seifert hat einen Abenteuerroman über einen unsteten Schriftsteller geschrieben, der mehrmals sein Leben und seine Namen änderte und dessen letzten Geheimnisse nicht geklärt werden konnten. Traven war ein Schriftsteller, der stets mehr Wert auf seine Anonymität legte, als auf Fans und Starkult um seine Person. Und das ist bemerkenswert. Immerhin hat er 12 Romane geschrieben, die in 24 Sprachen übersetzt wurden (Gesamtauflage: 30 Millionen). Eine bekannte Größe also, könnte man meinen. Aber Traven zog es vor, im Verborgenen zu bleiben. Ich habe den Fehler gemacht, mich im Vorfeld über Traven auf Wikipedia zu informieren – tut das lieber nicht, ihr werdet weniger Spaß an der Geschichte haben.

Neben dem literarischen Rätselraten und einigen Ausschnitten aus Travens Werk, gibt es eine Menge exotische Settings, die ganz im Stil eines klassischen Abenteuerromans unterhalten und auf Grautöne in der Figurenzeichnung (Leon selbst ist da eine große Ausnahme) verzichten. Da gibt es Bordellszenen in Mexico (inklusive eines Wrestlingkampfes) und für Leon eins auf die Nase, aber auch eine traumhafte Bibliothek in Wien. Mich erinnert diese Jagd an Vintage, auch wenn es Hervier gelingt, die Suche etwas eleganter zu gestalten.

Ich habe mir beim Lesen öfter gewünscht, ein Buch von Traven zur Hand zur haben, denn ich glaube, dass Seifert ganz bewusst mit Setting und Stil gespielt hat um eine Nähe zu den Originalen des mysteriösen Schriftstellers herzustellen. Das Ergebnis ist eine ziemlich stimmige und atmosphärische Erzählung geworden, die nach einem fulminanten Auftakt temporeich weiter geht. Habt ihr die Bücher von B. Traven gelesen? Neben dem zu erwartenden Abenteuerfaktor soll sich nämlich auch eine Menge Gesellschaftskritik hinter den Zeilen verbergen, ein Muss für einen politischen Menschen wie Traven, der seine Geschichten auch immer mit einer Kritik an den Ausbeutungsmechanismen des Kapitalismus verknüpfte.

Wer 40er-Jahre Flair liebt und einen spannenden Roman über eines der letzten Geheimnisse der Literaturgeschichte sucht, wird mit Wer ist B. Traven? bestens unterhalten. Herausragende Frauenfiguren gibt es leider nicht, immerhin gibt es die eine geheimnisvolle Dame, die sich noch als kleiner Lichtblick entpuppt. In Anbetracht der vielen handelnden Personen ist dieser Lichtblick allerdings sehr klein. Aber es gibt eine Sexszene in einer katholischen Kirche, das ist immerhin auch ein bisschen Abenteuer.

Noch ein Servicehinweis: Wer ist B. Traven? von Torsten Seifert wurde 2017 zum Siegertitel des Blogbusterpreises gewählt. Aus über 250 Einsendungen haben die 15 Blogger*innen der Jury aus verschiedenen eingesandten Manuskripten eine Auswahl getroffen, die dann wiederum von einer Kritiker*innenjury bewertet wurde.

Torsten Seifert – Wer ist B. Traven? Tropen 2017.

Weitere Rezensionen findet ihr hier:

3 Kommentare

  1. Marion sagt:

    Der Autor hat mir vor einiger Zeit das Buch geschickt, bevor es Blogbuster wurde und im Eigenverlag noch „Der Schatten des Unsichtbaren“ hieß – was ich, ehrlich gesagt, den besseren Titel fand. Ich hab damals nur reingelesen, fand es aber stilistisch auch vor dem jetzt erfolgten Lektorat schon gut. Aber weiter gelesen habe ich dann doch nicht, weil mich die Thematik einfach so gar nicht gekriegt hat. Für irgendein Seminar musste ich vor Ewigkeiten auch mal B. Traven selbst lesen und der hat mich auch schon nicht so umgehauen.
    Dennoch freut es mich, dass dieses Buch mit offensichtlichem Potenzial auf Umwegen noch einen Verlag gefunden hat!

    1. Liebe Marion, ich finde den Titel mit dem Unsichtbaren auch gar nicht verkehrt. Ich habe irgendwie auch während des Lesens Lust auf die Abenteuergeschichten von Traven gekriegt, also auch in der Hinsicht fand ich das Buch gut. Ich bin gespannt, welchen Titel ihr als nächstes findet. :)

      1. Marion sagt:

        Ich auch! Bisher ist es gar nicht so einfach…

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